Will man den Münchner Stadtteil Obersendling mit einem Wort beschreiben, die Wahl fiele wohl auf den Begriff „wandlungsfähig“. Die ursprünglich zu Thalkirchen gehörende und am 1. Januar 1900 eingemeindete Siedlung oberhalb der Isarhangkante im Münchner Süden entwickelte sich insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg zu einem wichtigen Wirtschaftsstandort in der bayerischen Landeshauptstadt. Heute befindet sich das Quartier erneut im Umbruch.
Ein Wirtschaftsstandort auf dem Weg zu einer neuen Identität
Viele Münchner haben Obersendling bereits als angenehmen Wohnort abseits der Hektik der zentral gelegenen In-Viertel für sich entdeckt. Man genießt ein wohltuendes Maß an Zwanglosigkeit und befindet sich gleichwohl mitten in einer spannenden Wandlungsphase, die neue Möglichkeiten eröffnet. Dank der schnellen Anbindung mit U- und S-Bahn ist die Innenstadt in nur wenigen Minuten erreichbar. Obersendling entwickelt sich so zusehends zu einem kreativen und urbanen Stadtviertel, das immer mehr den Charakter eines Gewerbegebiets verliert.
Ein neues Selbstverständnis entwickelte der Stadtteil in der jüngeren Vergangenheit durch zahlreiche Projektentwicklungen und Neuansiedelungen. Weg von einem stark industriell geprägten Mischgebiet hin zu einem modernen und hippen Stadtquartier mit Streetart und Unternehmen der Industrie 4.0. Neben hochwertigen Wohn- und künstlerischen Zwischennutzungen finden sich vor Ort nun Start-ups ebenso wie alteingesessene Produktions- und Verwaltungskonzerne.
Obersendling blickt auf eine bewegte Geschichte
Hätte der Germanenführer Sendilo, auf den der Name des Bezirks zurückzuführen ist, im frühen Mittelalter über eine Zeitmaschine verfügt und sich ins Hier und Jetzt befördert, er würde das Gebiet mit Staunen betrachten: Wie kein anderer Stadtteil ist Obersendling ein Paradebeispiel für die Vermischung von Industrie- und Wohnfläche. Und das hat einen Grund! Durch die Industrialisierung entstanden ab Mitte des 19. Jahrhunderts viele Betriebe wie etwa die 1912 eröffneten Großmarkthallen. Doch allen voran prägte den Bezirk die Standortkonzentration der Firma Siemens. Schon 1927 betrieb das Unternehmen ein Zweigwerk in der Hofmannstraße und verlegte nach dem Zweiten Weltkrieg sogar seinen Hauptsitz von Berlin nach München. Die Folge: Das Gebiet zwischen den Siemenswerken über die Baierbrunner Straße bis zur Machtlfingerstraße erlebte eine rasante wirtschaftliche Entwicklung. Der stetig wachsenden Belegschaft – Siemens hatte bereits 1962 knapp eine Viertelmillion Mitarbeiter – musste Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Immer mehr neue Anlagen entstanden, darunter auch die Siemenssiedlung mit ihren zwei 17-stöckigen Hochhäusern (den „Sternhäusern“), Münchens erste Wohnsiedlung mit Bauwerken in dieser Höhe. Als Siemens den Standort dann um die Jahrtausendwende aufgab, wurden große Teile des ehemaligen Geländes verkauft. Dennoch hat das Unternehmen bis heute sichtbare Spuren in Obersendling hinterlassen und wird sicher noch auf lange Zeit mit diesem Stadtteil assoziiert werden.
Hier findet die Arbeit der Zukunft ein Zuhause
Wo bis vor 20 Jahren ein einziger Großkonzern das Viertel dominierte, ist heute Vielfalt an allen Ecken zu spüren. Ein eindrucksvolles Beispiel, wie eine ehemalige Industriebrache mit neuem Leben erfüllt werden kann, liefert der Kistlerhof. Das 36.700 qm große Projekt auf dem einstigen EMTEC-Firmengelände in unmittelbarer Nähe zur U-Bahn-Station Aidenbachstraße wurde initiiert von der Hirmer Immobiliengesellschaft. Bei der Nutzung der Gewerbeflächen stand die Idee einer Revitalisierung im Zentrum, die auf Kreativität statt Konventionalität setzt und Wert auf Kontraste legt. Neben einer kleinen Gastronomieszene beherbergt der Kistlerhof in sechs Häusern zahlreiche Versorgungseinrichtungen, Büroflächen mit Industriecharakter, loftartige Büros, Ateliers und die Studios der UFA-Fernsehproduktion München. So entsteht durch ein künstlerisches Sammelsurium verschiedenster Branchen ein Umfeld, von dem sich Freiberufler und Individualisten inspirieren lassen können.
Wie man ein Einkaufserlebnis zu einem Event gestaltet, macht das seit jeher für seine unkonventionellen Ideen bekannte Möbelunternehmen KARE vor. Mit seinem Flagshipstore – dem KARE Kraftwerk an der Drygalski-Allee 25 – hat das Unternehmen einen Hingucker in Obersendling geschaffen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn das ehemalige Gas-Versuchs-Kraftwerk, erbaut 1961 und Ende der 90er Jahre stillgelegt, ist aus fast jeder Ecke des Stadtteils sichtbar.
Im Rahmen einer Gebäudeumnutzung zwischen 2013 und 2017 entstand aus dem Kraftwerk ein Design-Möbelhaus, bei dem die industrielle Architektur weitgehend erhalten blieb. Alte Stahlkonstruktionen, Betonwände und originale Transformatoren dienen heute auf 10.000 qm Ausstellungsfläche als imposante Kulisse für KAREs Wohndesign. Besonderes Schmankerl: Auf einer 400 qm großen Dachterrasse lassen sich bei Drinks und Food nicht nur Gartenmöbel bestaunen, es bietet sich auch ein traumhafter Ausblick bis zu den Alpen.
Fünf Fahrradminuten entfernt liegt mit der WerkStadt Sendling ein kombiniertes Gewerbe- und Wohngebiet direkt an der S-Bahn-Haltestelle Mittersendling. Die ehemalige Zigarettenfabrik von Philip Morris wurde zu Büro- und Gewerbeflächen für verschiedene Branchen und Berufsgruppen umgebaut. Heute finden sich hier Ateliers, Büros, Hallen für Produktion, Lager und Logistik, ein Fitnessstudio und ein WerkCafé. Darüber hinaus entstanden rund 160 Wohnungen im Ostteil des Geländes. Dass Kreativität hier großgeschrieben wird, hat das Hamburger Urban-Art-Duo Low Bros deutlich gemacht. Anlässlich des fünfjährigen Bestehens im Mai 2014 wurden die Streetart-Künstler mit der Gestaltung eines 260 qm großen Graffiti auf dem Areal beauftragt. Ein Standort mit Geschichte und einem bodenständigen Umfeld bedingt eben auch ein Nutzungskonzept, das sich seiner Verantwortung bewusst ist und Signalwirkung setzen will.
In diese Liga der außergewöhnlichen Quartiersentwicklungen reiht sich nun auch bald das SOuth HOrizon Munich – kurz SOHO Munich – in der Koppstraße 4 ein. Inmitten von Handwerksbetrieben, alteingesessenen Mittelständlern und in direkter Nachbarschaft zu den Isar Towern, wächst in den kommenden Monaten ein Office-Gebäude für die Macher von morgen. Großzügige Freiflächen verbinden Loft Büros, Makerspace und Kreativflächen miteinander und schaffen so Entfaltungsräume für Erfinder, Vordenker und Gestalter. Auf halbem Weg zwischen Zentrum und Isarufer gelegen, in unmittelbarer Nachbarschaft des Münchner Tierparks Hellabrunn und angrenzenden Südparks liegt das SOHO-Gelände umrahmt von grünen Oasen. Mehr Details zum SOuth HOrizon gibt es auf der Projektwebsite: www.south-horizon-munich.de
Bei dieser vielseitigen Umgebung und bewegten Geschichte verwundert es kaum, dass Obersendling zu den immer beliebter werdenden Stadtteilen Münchens zählt. Ein reichhaltiges Angebot an Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten, Bildungseinrichtungen sowie Sport- und Freizeitmöglichkeiten sowie eine optimale Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr prädestinieren den Bezirk als Wohn- und Gewerbestandort der Zukunft.